Distant Reading – Wortliga

Das Tool «Wortliga» (https://wortliga.de/textanalyse/) macht eine differenzierte Textanalyse. Es wertet Texte nach folgenden Kriterien aus:

  • Lesbarkeit des Textes. Sie wird mit einer Ziffer ausgedrückt. Dabei ist ein Index zwischen 45 und 70 ideal. Unter 45 ist der Text zu schwierig und über 70 ist er zu banal.
  • Satzlänge. Sätze ab 26 Wörter werden vom Algorithmus als zu lang eingestuft. Das ist sicher kein ideales Kriterium, um übermässig lange Sätze zu eruieren.
  • Füllwörter: Das Tool zeigt Füllwörter an und veranlasst einen so, diese zu reduzieren.
  • Das Tool markiert Passagen, die dadurch gekennzeichnet sind.
  • Passiv-Sätze. Auch sie werden markiert. Verbunden mit der Aufforderung, sie in aktive umzuformulieren. In jedem Fall ist das sicher nicht sinnvoll.
  • Phrasen. Sie werden markiert.
  • Sätze im Sie werden markiert und sollten laut der Machern von Wortliga vermieden werden. Das ist eine eigensinnige Auffassung.
  • Abkürzungen. Es wird empfohlen sie zu meiden.

Viele Kriterien, welche z.B. für die Aufsatzproduktion wichtig sind, fehlen:

  • Orthographische und grammatikalische Korrektheit des Textes
  • Zeichensetzung
  • Stilfehler
  • usw.

Bei der Auswertung von Passagen aus dem «Amulett» von C. F. Meyer werden Lese-Index-Werte von 52 bis 69 angegeben. Rund ein Viertel aller Sätze taxiert das Tool als zu lang. Passiv-Sätze sind häufig, ebenso Füllwörter. Abkürzungen wurden keine ermittelt. Das Tool ist dazu geeignet, dem sprachlichen Gestaltungswillen eines Autors auf die Schliche zu kommen.

Dieser Beitrag entstand unter Mitwirkung der Klasse 5d der KS Reussbühl.

Distant reading – blablameter

Das sogenannte «Blablameter» (blablameter.de) ist ein Tool, welches von Bernd Wurm entwickelt wurde. Der Grund für dieses Projekt ist, dass Wurm sich über aufgeblasene Sprache und Worthülsengeflecht ärgert. Das Tool hat die Aufgabe, bei einem Text zu messen, wieviel «heisse Luft» drin ist (also unnötige Wörter, gestreckte Sätze und Ähnliches). Angegeben wird diese Messung dann mit dem «Bullshit-Index». Laut der Website liegt der Index bei hochwertigen journalistischen Texten zwischen 0.1 und 0.3. Die normale Spanne liegt zwischen 0 und 1. Es sind aber auch Werte über 1.0 möglich. Der genaue Algorithmus ist ein Geheimnis. Bekannt ist immerhin, dass Texte auf unterschiedliche sprachliche Merkmale hin getestet werden wie Nominalstil, das Verwenden von Phrasen und Weiteres.

Bei C. F. Meyers «Amulett» haben alle Kapitel einen «Bullshit-Index» zwischen 0.7 und 1.1 – das ist also kein Glanzresultat.

Man kann auch den Bullshit-Index von E-Mails, Aufsätzen und Wikipedia-Artikeln ermitteln lassen. Letztere erhalten deshalb einen sehr hohen Index (was als Hinweis für mindere Qualität gilt), weil sie stark vom Nominalstil geprägt sind.

Dieser Beitrag entstand unter Mitwirkung der Klasse 5d der KS Reussbühl.

Distant Reading – Textalyzer

«Textalyzer» zählt die Anzahl Sätze, die Anzahl Wörter und die Anzahl verschiedene Wörter in einem (literarischen) Text. Zudem berechnet es, wie auch andere ähnliche Tools, einen sogenannten Flesch-Index. Das ist eine Zahl zwischen eins und hundert, welche die Lesbarkeit und Verständlichkeit des Textes widerspiegeln soll. Ein Wert von 58 (ermittelt für das «Amulett» von C. F. Meyer) ist laut der Skala also auf dem Niveau einer Boulevardzeitung. Das erstaunt. Man müsste sich genauer mit dem Flesch-Index befassen.

Mit dem Tool Textalyser lässt sich z.B. bei einem literarischen Text die «Wortschatz-Dichte» für die einzelnen Kapitel ermitteln. Diese Grösse erhält man, wenn man die Anzahl der verschiedenen Wörter durch die Gesamt-Wörterzahl dividiert.

Im «Amulett» hat Meyer 5´000 verschiedene Wörter verwendet, bei einer Anzahl von insgesamt 18´000 Wörtern. Aus diesen Zahlen kann man eine Wortschatzdichte von 0.27 errechnen. Jedes 4. Wort kommt also nur einmal vor. Subjektiv wird da ein reicher Wortschatz verwendet.

Bei der Novelle «Angela Borgia», welche knapp 20 Jahre nach dem Amulett verfasst worden ist, beträgt die Wortschatzdichte 0.23 (ist also vergleichbar). Die Wortschatzdichte steigt also über die Jahre nicht automatisch, wie man aufgrund der wachsenden Erfahrung des Autors eigentlich erwarten würde.

Man kann mit Textalyzer auch Aussagen zum Wortschatz und damit zur Sprachmächtigkeit des Autors sagen. Goethes literarischer Wortschatz wird als höher als der von Meyer beziffert. Bei Shakespeares Werken hat man gar einen Wortschatz von 30’000 Wörtern ermittelt. Der Wortschatz eines 16-Jährigen beträgt ca. 15’000 Wörter.

Dieser Beitrag entstand unter Mitwirkung der Klasse 5d der KS Reussbühl.

Distant Reading – Wordcounter und Wortwolke

Distant Reading kann auch mit „Wordcounter“ umgesetzt werden. Die Webanwendung „wordcounter.com“ zeigt die Häufigkeit der verwendeten Wörter in einer absteigend sortierenden Liste. Text kann man einfach in einen Editor reinkopieren und auswerten lassen; bei einem literarischen Werk z.B. auch kapitelweise. Auf den ersten ca. 30 Rängen sind natürlich fast nur Füllwörter vertreten.

Achtung: Da zwischen Gross- und Kleinschreibung jedoch nicht unterschieden wird, können spezifische Aufgabenstellungen wie z.B. die Verwendung der höflichen Anrede „Sie“ (im Unterschied zum Personalpronomen „sie“) nicht bewältigt werden.

Bei der Auswertung von einzelnen Kapiteln fällt natürlich schnell ins Auge, welches die Hauptpersonen sind, da deren Namen am häufigsten genannt werden.

Auch mit dem Tool «Wortwolke» (wortwolke.de) kann man die Häufigkeit der Wörter in einem Text ermitteln; zusätzlich allerdings noch grafisch als Wortwolke darstellen lassen. Je häufiger ein Wort vorkommt, desto grösser ist es abgebildet. Dabei können Schriftart, Umriss, Farben und weiteres verändert werden. Füllwörter werden automatisch aussortiert, so dass nur semantisch wichtige Wörter gross dargestellt werden.

Dieser Beitrag entstand unter der Mitwirkung der Klasse 5d der KS Reussbühl.

Distant Reading – Anwendung von Google Ngram Viewer

Wenn im DE-Unterricht auch «distant reading» thematisiert werden soll, kann es eine sinnvolle Aufgabenstellung sein, ein literarisches Werk mit dem Ngram Viewer zu analysieren. Das Tool ermittelt die Häufigkeit der Verwendung des Wortes in den letzten Jahrhunderten. Dabei kommt eine Datenbank, die aus von in Google indizierten Büchern besteht, zur Anwendung. Mithilfe dieses Analyseprogrammes kann man von einzelnen Wörtern z.B. bestimmen, ob sie zur Schreibgegenwart (oder heute) eher Anachronismen oder aber Neologismen waren.

Wenn man mit einer Schulklasse das Werk «Das Amulett» von Conrad Ferdinand Meyer von 1873 mit dem Ngram Viewer untersucht, kann man verschiedene Resultate erzielen. Es ist möglich, Wörter aus demselben Sachbereich gleichzeitig in die Suchmaske zu füllen (z.B. Protestant, Katholik, Hugenotte, Calvinist). So erhält man für jedes Wort Angaben zur quantitativen Verwendung und kann sowohl gemeinsame Peaks oder Unterschiede deutlich erkennen. Bei der Interpretation der Peaks ist aber Vorsicht geboten. Ein erster auffälliger Peak ist beim Wort «catholic» (die englische Datenbasis ist zuverlässiger als die deutsche!) um das Jahr 1530 zu finden. Eine Begründung auf historischer Ebene wäre, dass dies den Beginn der Reformation in Deutschland mit dem Mitwirken von Martin Luther ausdrückt. Auch beim Peak um 1650 kann man eine Übereinstimmung von «catholic» und «protestant» historisch begründen: Es ist dies der Westfälische Friede von 1648. Als zweite Eben sollte aber die editorische gesehen werden. Peaks entstehen nur, wenn Schriften publiziert werden, die die gesuchten Wörter verzeichnen. Beim ersten Peak dürfte das Erscheinen von Schriften wie z.B. «Leviathan» von Thomas Hobbes mitverantwortlich sein. Der Ngram Viewer listet auch Verweise auf, die darüber Auskunft geben, wo die Zielwörter gefunden worden sind.

Dem Nachteil, dass die Datenbank mit deutschen Wörtern weniger lückenlos ist als die englische, kann man teils damit begegnen, dass man deutsche Wörter einfach übersetzt. Allerdings sind viele Begriffe von C. F. Meyer wie «Wams», «Schweizer», «Fryburger» und «Amulett» nicht so einfach ins Englische übertragbar. Hier stösst das Tool an seine Grenzen.

Dieser Beitrag entstand unter Mitwirkung der Klasse 5d der KS Reussbühl.

Literatur im Netz vs. Netzliteratur

Netzliteratur, Literatur im Netz, Digitale Poesie, Cyber-Poetry, digitale Dichtung. Eine Begriffsbestimmung:

Literatur im Netz: „Sie bedient sich des Internets […] nur als preiswertes und räumlich nahezu unbeschränktes Publikations- und Distributionsmedium. Dabei handelt es sich durchweg um traditionelle Texte, die ursprünglich für eine Printpublikation geschrieben wurden bzw. völlig dem Erbe der Printliteratur verhaftet sind. Keinesfalls jedoch wird das Internet für den kreativen Schaffensprozess an sich benutzt.“ (Quelle: deutsches Literaturarchiv Marbach)

Netzliteratur: „Im Gegensatz dazu macht Netzliteratur Gebrauch von den kommunikativen, sozialen und technischen Möglichkeiten des Internets. Software und Hardware des Computers sowie netzspezifische Techniken und Kommunikationsmuster des Internets werden dabei als Stilmittel zur Textproduktion eingesetzt: Animationen, Sound, Interaktivität, kollaboratives Schreiben, usw.“ (Quelle: deutsches Literaturarchiv Marbach) Auch in Deutschland ist Mitte der 90er Jahre eine eigene Netzliteratur-Szene von ambitionierten, jungen Autoren entstanden. Entscheidend stimuliert wurde die Produktion von Hyperfiction durch die Wettbewerbe der Wochenzeitung DIE ZEIT (1996-99). Mittlerweile ist die Entwicklung eingeschlafen.

Codework: Netzliteratur mit medialem Selbstbezug. Die Technik des Computers selber wird behandelt. Computercodes werden zu Kunstwerken.

Hypertexte: Sie waren die allererste Art der Netzliteratur. Die Leserinnen und Leser müssen sich einen Weg durch ein Labyrinth von Links bahnen. Es ist auch möglich, die Perspektive einer Person zu wechseln. Schon bald ging der Textanteil zurück und es entwickelten sich Werke, die auch akustisches und optisches Material mitverwendeten. In diesem Fall spricht man von Hypermedia.

Kollaborierendes Schreiben (Mitschreib-Projekte): In solchen Werken wird Einheit des Textes aufgebrochen. Leserinnen und Leser können einer Ausgangsgeschichte eigene Kapitel zufügen, einen bestimmten Erzählfaden aufnehmen, usw. Selbstverständlich ist bei dieser Art des Schreibens die gleichbleibende Qualität nicht gesichert. Mitschreib-Projekte existieren auch als Wandertexte via E-Mail oder als Texte in literarischen Newsgroups.

Fan-Fiction: In solchen Texten lassen die Fans von einem Film, einem Roman oder einer Romanfigur ihrer Fantasie freien Lauf, das heisst, sie entwickeln ihre eigenen Geschichten, die sie dann auf Fan-Fiction-Websites unter einem Nicknames publizieren.

Interaktive Texte: Bei solchen Werken werden die Leserinnen und Leser miteinbezogen. Sie können mitbestimmen, was als nächstes geschieht oder wie die Geschichte ausgeht.

Netz-Literaturbetrieb: Die experimentelle Aktivität im Netz ist heute weitgehend eingeschlafen. Auch der Parallel-Literaturbetrieb im Netz (als Entsprechung zum realen Literaturbetrieb) ist fast zum Erliegen gekommen. Viele Literatur-E-Zines haben ihren Betrieb eingestellt.

Kantonsschule lanciert „Digitale Welt“-Auftritt

Die Kantonsschule Reussbühl Luzern hat zusätzlich zum Internetauftritt (ksreussbuehl.lu.ch) einen Auftritt unter dem Titel „KSR Digitale Welt“ lanciert.  Zur Zeit bloggen zwei Schulklassen, eine Projektgruppe (Urban Gardening) und eine Qualitäts-Gruppe (digitales Schreiben, dieser Blog). Weitere Blogaktivitäten von Fachschaften, Sonderwochen, Schulklassen und Reisegruppen werden folgen.

Rechtliche Aspekte des Bloggens

Wer bloggt und kommentiert, muss die Urheberrechte einhalten, darf den Personendatenschutz nicht verletzen, vermeidet Plagiate, prüft verlinkte Seiten, meidet Hate-Speech usw.

Sprich: Lernt dabei auch, was Netiquette ist und wie man sich korrekt und stilsicher im WWW bewegt.

Anbieter von Blog-Farmen formulieren Nutzungsbedingungen, an die sich die BenutzerInnen halten müssen. Ein Beispiel für solche Nutzungsbedingungen befindet sich hier: User Policy KSR

Die Formulierungen lehnen sich stark an die Nutzungsbedingungen an, die die Hochschule Luzern für ihre Blog-Farm benutzt:
https://blog.hslu.ch/dienstleistungen/lernmedien/blog/nutzungsbestimmungen

Bewertung Blog-Einträge

  • Die ersten beiden Blogeinträge zählen nicht zur Bewertung. Bewertet werden 2 selber gewählte Posts und ein zufälliger Post (zusätzlich fliessen in die Bewertung ein: Zwischenbericht, Schlussreflexion, Kommentare).
  • Sprache: Standardsprache, sprachliche Korrektheit, Originalität, guter Wortschatz, pointierter Stil.
  • Inhalt und Aufbau: Die Blogeinträge sind inhaltlich kohärent und haben einen sinnvollen Aufbau.
  • Tiefe und Originalität: Die Beiträge haben inhaltliche Tiefe, sind lehrreich, sind von der Sache her korrekt und/ oder sind pointiert bis originell.
  • Leserbezug: Die Blogeinträge sind auf ein Zielpublikum hin massgeschneidert und ermöglichen/ provozieren eine Interaktion (Kommentar).
  • Medien: Medien werden massvoll integriert (eigene Bilder, Videos per „Framing“, Links).
  • Urheberrecht und Datenschutz: Diese Anliegen werden respektiert, das sinngemässe und wörtliche Zitieren werden korrekt angewendet.

Bloggen im Fremdsprachen-Unterricht

Eine kurze Recherche hat folgende interessante Seiten zu Tage gebracht:

Hier zwei Beispiele aus dem Englischunterricht – Lektüreblogs:

Gute Kommentare auf Blog-Posts

Welche Art von Kommentaren sind sinnvoll? Was gilt für Kommentare?

  • Kommentare, die auf eine Aufforderung im Blog-Post antworten (z.B. Antwort auf die Frage am Schluss: Bist du auch dieser Meinung?)
  • Kommentare können Ergänzungen zum Thema sein, das im Blog-Post verhandelt wird. Sie können also weitere Aspekte aufzeigen.
  • Kommentare können aber auch einen gegensätzlichen Standpunkt darstellen als jenen, der im Blog-Post verhandelt wird. Dabei ist eine Begründung erforderlich. Der Ton soll aber sachlich sein. Nur weil es auch andere Sichtweisen gibt, soll man eine bestimmte Sichtweise nicht abwerten.
  • Kommentare können auch zur Weiterarbeit motivieren, loben, anspornen.
  • Kommentare dürfen auch herausfordern, indem z.B. zu einem Blog-Post aufgerufen wird, der einen Teilaspekt betrifft, der bisher noch nicht angesprochen worden ist.
  • Kommentare zu Blog-Posts von MitschülerInnen dürfen in der du-Anrede verfasst sein.
  • Kommentare werden nicht gleich veröffentlicht, sondern durchlaufen einen Bewilligungs-Workflow, den die Bloggerin/ der Blogger steuert.
  • Kommentare sind nicht anonym. Es wird der Benutzername angegeben, mit dem man sich für den eigenen Blog angemeldet hat (ein sogenannter nick name).

Einstieg ins Bloggen

Bloggen hat in Schweizer Schulhäusern keine lange Tradition und ist wenig verbreitet. Gymnasiastinnen und Gymnasiasten behaupten zudem von sich, kaum regelmässig Blogs zu lesen. Schulklassen müssen deshalb Schritt für Schritt ans Bloggen herangeführt werden. Das sind Stimmen aus einer Klasse zur Aussicht, dass alle Schülerinnen und Schüler im nächsten Semester einen Blog führen sollen. Es sind berechtigte Anliegen:

  • Skepsis, dass das Schreiben sehr viel Zeit erfordert. Evtl. dürfte die Anzahl der erforderlichen Blogeinträge die Zahl 15 nicht übersteigen. Findet das Schreiben auch im Unterricht statt?
  • Ist das Thema ergiebig genug, dass man ein ganzes Semester lang daran arbeiten kann? Geben die Kommentare, die man erhält, genug Anstösse?
  • Ist es möglich, „Freizeit“ und Blog-Schreiben in „Einklang“ zu bringen? Nur dann würde man das Schreiben nicht als „Belastung“ empfinden.
  • Die Öffentlichkeit für den eigenen Text wird als spannend und herausfordernd aufgefasst.
  • Das Schreiben unter einem Pseudonym wird als wichtig erachtet. Dennoch soll der Blog öffentlichkeitstauglich sein und nicht ein privates Tagebuch, das ins Netz gelangt.
  • Es fehlt den Schülerinnen und Schülern an „Leseerfahrung“ von Blogs. Diese Leseerfahrung muss man sich erst aneignen. Das soll auch im Unterricht geschehen.

Blogs schreiben und bewerten

Ein mögliches Vorgehen für das Bloggen im Unterricht und dessen Bewertung:

  • Jede Woche wird ein Blog-Eintrag verfasst (15 pro Semester)
  • Jede Woche werden 2 Blogeinträge von anderen Klassenmitgliedern kommentiert (30 pro Semester)
  • Es gibt eine Selbstbeurteilung nach der Hälfte der Zeit und eine Selbstbeurteilung am Schluss
  • Bewertet werden auch 2 selber gewählte Posts und ein zufälliger Post sowie Kommentare
  • Die Note in der Hälfte des Semester und die am Ende zählen für das Zeugnis

Quelle: Philippe Wampfler, Bloggen im Unterricht, 17.3.2012

Weitere Ausführungen von Philippe Wampfler aus dem Jahr 2013 siehe hier:
https://schulesocialmedia.com/2013/03/04/wie-schulerinnen-und-schuler-ubers-bloggen-denken/

Ideen für Blogs

Ideen für Blogs von SchülerInnen:

  1. Ein Interesse dokumentieren (z.B. Gitarren-Spiel, Pferdehaltung). Man hat schon viel Erfahrung darin. Man kann diesen Bereich dem Publikum Schritt für Schritt näher bringen. Schülerbeispiel über das Theaterspielen:
    https://pauliimimpro.wordpress.com/
  2. Ein Prozess/ eine längere Arbeit dokumentieren. Man möchte z.B. etwas Neues kennenlernen (z.B. E-Books lesen, VR-Spiele spielen, digitale Assistenten wie Amazons Alexa oder Google Now ausprobieren, ein halbes Jahr lang in der Schule papierlos arbeiten) und berichtet Woche für Woche über die Erfahrungen und Fortschritte.
  3. Einen bestimmten Schreibstil pflegen und weiter entwickeln. Z.B. die Textsorte Essay oder das satirische Schreiben zum Beispiel über die Ereignisse in der Welt von letzter Woche. Der traditionsreichste Satire-Blog in Deutschland heisst „Der Postillon“, stammt von Stefan Sichermann und existiert seit 2008:
    http://www.der-postillon.com/
  4. Tägliche Abläufe kreativ beschreiben. Dabei die Perspektive wechseln. Das Lesepublikum damit überraschen. Etwas schreiben, was noch niemand geschrieben hat…
  5. Einer Frage nachgehen, die einen beschäftigt (z.B. was ist Urban Gardening und wie könnte man damit die Versorgung mit lokalen Lebensmitteln in der Zukunft verbessern?). Man könnte Woche für Woche darüber berichten, was man in Quellen im Internet oder von Fachleuten erfahren hat.
  6. Ein aktuelles Phänomen aufgreifen (z.B. mannequin challenge, Paketversand mit Drohnen), beschreiben, seinen Ursprung ergründen, seine Verbreitung mitverfolgen, es kritisch reflektieren, die Diskussion in den Medien mitverfolgen. Jede Woche wird die Diskussion um einen Aspekt reicher.
  7. Eine Ereignis, das wöchentlich stattfindet, begleiten (z.B. auch eine TV-Serie) und darüber schreiben. Das Gesehene kritisch diskutieren.
  8. Sich von selber gemachtem Bildmaterial zum Schreiben animieren lassen. Es sind z.B. Bilder von einem Weg, den man häufig geht. Oder von Gebäuden, an denen man vorbei geht (z.B. wer könnte darin wohnen?).
  9. Einen Selbstversuch machen (z.B. „Mit der Lern-App XY zum Schulerfolg!“), ihn sprachlich dokumentieren und sich Überlegungen dazu machen.
  10. Man macht einen Sprachaufenthalt oder eine Reise und berichtet über Stationen. Schülerbeispiel für die erste Art Blog:
    http://arongoes2usa.weebly.com/
  11. Ein aktuelles Medienphänomen/ eine Filmpremiere (z.B. „Gotthard“) verfolgen. Aufzeigen, wie unterschiedlich in den Medien berichtet wird. Die Mechanismen kritisch beleuchten. Das eigene Seherlebnis schildern und reflektieren.
  12. Rezensionen von Theaterstücken oder literarischen Neuerscheinungen. Die eigenen Erfahrungen mit Rezensionen vergleichen, die in der Presse erschienen sind.
  13. Ein lokales Projekt in der Gemeinde begleiten. Über die Fortschritte berichten.
  14. Ein einmaliges Schulprojekt begleiten und dokumentieren.
  15. Sich Gedanken über den Sprachgebrauch machen. „Funde“ aus dem Alltag dokumentieren und reflektieren. Beispiel für einen Blog, der Sprache zum Gegenstand hat:
    http://www.sprachlog.de/
  16. usw.

Bloggen in der Schule

Viele Webseiten geben Tipps für das Bloggen in der Schule:

Eigenheiten des digitalen Schreibens

Christa Dürscheid und Karina Frick untersuchen in ihrem Buch „Schreiben digital“, wie das Internet unsere Alltagskommunikation verändert.

Im Bereich des Stilistischen stellen sie die folgenden Merkmale digitalen Schreibens fest:

  • Besonderheiten zeigen sich vor allem auf der lexikalischen Ebene (z.B. Anglizismen).
  • Aber auch auf der grammatikalischen Ebene (z.B. Auslassungen).
  • Und auf der pragmatischen Ebene (z.B. Begrüssungsformeln).

Daneben stellen sie auch graphische Merkale des digitalen Schreibens fest:

  • Besonderheiten auf der Ebene der Wortschreibung (z.B. Substantiv-Kleinschreibung).
  • Die Gestaltung des Textes (z.B. Interpunktion).
  • Die Kombination von Schrift- und Bildzeichen (z.B. Emojis).

Quelle: Dürscheid, Christa und Frick, Karina (2015): Schreiben digital. Wie das Internet unsere Alltags-Kommunikation verändert. 5. Aufl. Stuttgart, Körner Verlag.

Poetologie der Blog-Textsorten

Blogs werden zu den verschiedensten Themen geführt und unterscheiden sich auch stilistisch voneinander. Aber welche Textsorten werden damit verwirklicht? Eine Poetologie der Textsorten in Blogs ist noch nicht erstellt worden. Dieser Blog will einen Beitrag dazu leisten.

Bereits realisiert wurde eine „Kleine Theorie des Literarischen Bloggens“, nämlich hier:
https://turmsegler.net/20111017/kleine-theorie-des-literarischen-bloggens/

Themen-Blogs

Es haben sich in den letzten Jahren ganz verschiedene Themen-Blogs gebildet. Man könnte fast von Ressorts sprechen. Solche Ressorts sind: Auto, Beauty, Kochen, Mode, Fotografie, Gesundheit und Sport, Technik, Politik, Reisen, Wissenschaft und viele andere.

Für die Schule sind die wohl interessantesten Themen-Blogs die folgenden:

  • Politik
  • Reisen
  • Wissenschaft

In einer Maturaarbeit wurden die folgenden beiden Reise-Blogs miteinander verglichen:

https://ausfluegeundideen.wordpress.com/
https://dieschoenstenorte.wordpress.com/

Untersucht wurde die Frage, welcher der beiden Blogs den LeserInnen besser gefällt. Was ist IHRE Meinung? Bitte einen Kommentaren dazu abgeben! Bitte für die Auswertung der Beurteilung auch das Geschlecht angeben. Danke!

Bloggen in der Schweiz

Werden Blogs ausgezeichnet? Werden die am meisten beachteten Blogs in einem Ranking aufgelistet? Gibt es einen Verband für Blogger? Die folgenden Internetseiten sind aufschlussreich:

Wo Profis bloggen

Als Einstieg ins Bloggen empfehlen sich die 17 Blogs, die auf der Website des Tagi geführt werden. In ganz verschiedenen Sachbereichen melden sich Expertinnen und Experten zu Wort:
http://www.tagesanzeiger.ch/blogs/

Blogs gibt es auch beim online-Auftritt der NZZ. Die Bloggerinnen und Blogger heissen dort aber Kolumnistinnen und Kolumnisten:
http://www.nzz.ch/meinung/kolumnen/

Die Blogs von NZZ campus richten sich an ein universitäres Publikum:
http://campus.nzz.ch/blogs

Pflege der Blog-Farm

Bloggen verschiedene Individuen, Teams und Klassen ein- und derselben Organisation, kann es Sinn machen, die Blog-Farm zu pflegen und etwa alle zwei Monate auf spannende Beiträge in einzelnen Blogs hinzuweisen. Die Hochschule Luzern macht das auf der Seite „Best of HD-Blogs“:

http://blog.phlu.ch/hd-blog/2016/04/11/best-of-hochschuldidaktik-blogs-februar-und-maerz-2016/

Nutzungsbestimmungen

Wer bloggt, muss sich an Nutzungsbestimmungen halten. Es gelten die üblichen Richtlinien für das Urheberrecht und den Schutz von Personendaten. Zudem dürfen keine inadäquaten Inhalte vermittelt werden. Schliesslich benötigt auch jeder Blog ein Impressum. Es ist wichtig, dass Schülerinnen und Schüler, welche das Bloggen lernen, auf diese Nutzungsbestimmungen hingewiesen werden. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Nutzungsbestimmungen auf der Blog-Farm der Hochschule Luzern:

https://blog.hslu.ch/dienstleistungen/lernmedien/blog/nutzungsbestimmungen

Das Bloggen lernen

Bloggen in der Schule muss begleitet werden. Try & Error wären ein möglicher Weg. Aus pädagogischer Sicht ist aber sicher ein Hinführen der Klassen in kleinen Schritten ratsam. Als erster Schritt empfiehlt sich sicher die Rezeption von Blogs. Die folgende Überlegungen könnten sinnvoll sein:

  1. Gibt es eine Darstellungsintention, die erkennbar ist (unterhalten, belehren, parodieren, kritisieren, kooperieren und dergleichen mehr)?
  2. Welche Stilebene wird benutzt? Ist der Stil kohärent?
  3. Ist der Text auf ein bestimmtes Zielpublikum hin massgeschneidert? Werden Leserinnen und Leser direkt angesprochen?
  4. Ist das Autoren-Ich „als Person“ lesbar oder eher als „Aussage-Funktion“ und bleibt eher diffus?
  5. Sind die einzelnen Blog-Beiträge inhaltlich miteinander verschränkt oder autonom?
  6. Was sind die Auslöser für die Blog-Posts? Sind es äussere Anlässe oder eher innere Beweggründe? Ist das im Blog erkennbar?
  7. Wird in den Blog-Posts verwiesen, zitiert, kopiert? Werden die Richtlinien für das Zitieren und Verweisen befolgt?
  8. Werden Mechanismen eingesetzt, um das Lesepublikum „in den Blog hineinzuziehen“ – z.B. mit einem „Rätsel“ im Titel?
  9. Welche Blogs regen vermehrt zu Kommentaren an. Was löst sie aus?

Bloggen im DE-Unterricht

Die Autoren dieses Blogs gehen davon aus, dass schon in wenigen Jahren das Bloggen nicht mehr aus dem Deutsch-Unterricht wegzudenken ist. Die Motivation von Schülerinnen und Schülern, längere Texte im Deutsch-Unterricht zu verfassen, stösst deshalb an eine Grenze, weil die Texte immer nur für einen ganz kleinen Personenkreis verfasst werden (Lehrperson und evtl. noch 1 Kollege oder 1 Kollegin). Auch der Anreiz, diese Texte möglichst attraktiv/ korrekt/ virtuos/ elegant/ kreativ zu gestalten und zu überarbeiten, ist kaum gegeben. Daran können auch gewiefte Formen des Peer-to-Peer-Feedbacks zu den Texten nicht viel ändern. Die Autoren dieses Blogs gehen davon aus, dass das Bloggen, also das Publizieren der Texte für die Netzwelt, bei den Schülerinnen und Schülern eine grosse Motivationssteigerung zur Folge hat. Diese These soll einer Überprüfung unterzogen werden. Dazu werden Schulklassen befragt.

Schreib-Biographie

Wie Philippe Wampfler, einer der aktuell wichtigsten Influencer im Bildungsbereich, in seinen Vorträgen sagt: Die Schreibbiographie der heutigen Jugendlichen ist eine gänzlich andere als die früherer Generationen. Früher war das Schreiben erst lange analog, erst spät digital. Bei den heutigen Jugendlichen ist das genau umgekehrt – ihr erstes Schreiben ist digital – das analoge Schreiben erfolgt viel später und findet vor allem in der Schule statt. Die Kulturtechnik des „Briefeschreibens“ gerät nahezu in Vergessenheit. Der Unterricht muss dem Rechnung tragen, indem z.B. explizit darauf verwiesen wird, wo die Unterschiede zwischen dem Schreiben in einem sozialen Netzwerk und z.B. der Textsorte Bericht liegen.

Rechtschreibe-Korrektur

Digitales Schreiben hat den Vorteil, dass z.B. in Word die Rechtschreibe-Korrektur Fehler erkennt und unterstreicht oder sogar automatisch korrigiert (je nach Einstellungen). Viele Fehlerkategorien bleiben aber unerkannt. Man muss wissen, welche Kategorien Word erkennt und welche nicht.

  • Die Rechtschreibekorrektur in Word erkennt Tippfehler und teils Fall- und Formfehler. Leider werden auch Begriffe rot unterstrichen, die nicht Bestandteil des Wörterbuchs sind, in einer anderen Sprache verfasst sind oder im Standard-Deutschen ein scharfes „s“ hätten.
  • Unerkannt bleiben: Kommafehler, andere Zeichensetzungsfehler, die meisten Fall-Fehler, Fehler im Bereich Gross-Klein-Schreibung, Wortwahlfehler, Stilfehler und Satzbaufehler. Also ca. 90% der Fehler.

Fazit: Schülerinnen und Schüler stellen sich am besten vor, dass die Rechtschreibekorrektur ausgeschaltet ist. So wähnen sie sich nicht in einer falschen Sicherheit.