Spanischer Bürgerkrieg

Spanischer Bürgerkrieg und Erinnerungskultur heute

Meine eigene Motivation/ als Lehrkraft, als Bürger und Citoyen:

„Behandeln Sie bitte mit uns den spanischen Bürgerkrieg“: Dieses Anliegen brachten mir die Schüler eines schweizerisch-spanischen Gymnasium in Madrid vor, wo ich Mitte der 90er Jahre Geschichte lehrte. Selbst heute noch findet sich in den spanischen Geschichts-Schulbüchern sehr wenig über den Bürgerkrieg und die Zeit des Franco Regimes. Es ist zu fragen, warum diese Thematik noch immer gemieden wird, warum sich Spaniens Zivilgesellschaft bis heute so unterschiedlich erinnert und eine „zweigeteilte Erinnerungskultur“ entwickelt hat.

Die Herausforderung für die Lernenden:

Die Erfahrung, dass es in anderen Regionen Europas Bürgerkriege gab, ist für die Lernenden mit „Fremdverstehen“ und einem „aus der Epoche heraus“-Verstehen verknüpft. Sie brauchen also Wissen um die langfristigen Spannungsfelder, welche sich in der spanischen Gesellschaft auftaten und im Bürgerkrieg eskalierten. Sie untersuchen, wie und unter welchen Bedingungen ein Übergang nach dem Ende der Diktatur zur Demokratie möglich wird. Damit verbunden ist die Suche nach fairen Bedingungen für einen Neuanfang für alle Gesellschaftsteile? Können sich die Beteiligten auf eine allseitig akzeptable Verarbeitung der Geschehnisse des Kriegs einigen? Die Lernenden können den Blick auf Konflikt-Verarbeitung und Vergangenheitsbewältigung schärfen und ihre Urteilskraft hinsichtlich fairer, objektiver Wahrnehmung schulen.

Inhalte:

Die Konfliktphasen des Bürgerkriegs, die Zeit der Diktatur mit einer «selektiven» offiziellen Erinnerungskultur (bsp. Valle de los Caídos, Memoriale ) mit der verdrängten, Konfliktverarbeitung. Die „schweigende Ablösung“ und der Übergang zur Demokratie

Zugänge:

Kontroverse Positionen zu 1936 zeigen, kontroverse Positionen heute zur Erinnerung zeigen: „eingefrorene Haltungen“  – unverrückbare Standpunkte?

Warum wird die Zeit des Bürgerkriegs und der Diktatur durch die Akteure auch für den heutigen Diskurs gebraucht ? Wie nutzen die autonomen und nationalistischen Bewegungen gerade in Katalonien die Bürgerkriegszeit und Diktatur für ihren heutigen Diskurs ?

Herausforderung:

Fremdverstehen, wie sich eine Gesellschaft über mehrere Generationen schwertut, ihre eigene Geschichte aufzuarbeiten. Wie kann sich die spanische Gesamtgesellschaft über die alten «Kriegskonstellationen» hinwegsetzen ( Links-Rechts-Gegensatz) und die alten «Stereotype» überwinden, z.B. der Gegensatz Madrid  als dominante Zentrale und Barcelona andererseits als unterdrücktes Autonomiegebiet und  wirtschaftliche «Milchkuh» des Zentralstaats, für den zu hohe Leistungen  erbracht werden müssen)? Dieser Diskurs muss offengelegt und die Realitäten zu entschlüsseln versucht werden.

Handlungsebene/ So funktioniert’s:

Als Einstieg bietet sich der von den Extremen Anhängern hochstilisierte «unversöhnlichen» Gegensatz zwischen Madrid  als Zentrale und Barcelona andererseits als «unterdrücktes» Autonomiegebiet an. Als Ausgangslage dient also eine Kontroverse, nach der katalonische Nationalisten ihr Gebiet als die wirtschaftliche «Milchkuh» des Zentralstaats Spaniens sehen, für den sie zu hohe Leistungen erbringen müssen. Andererseits pochen Verteter des Zentralstaates auf die Idee der Gesamteinheit Spaniens als historisches und solidarische Grundidee. In einem nächsten sChritt folgt die Erarbeitung der historischen Fakten und die Untersuchung von nationalistischen oder zentralistischen Diskursen und Argumentarien. Dies erlaubt, die jeweiligen Interessen der Akteure historisch zu entschlüsseln und die «Geschichtspolitischen Absichten»  offenzulegen.