Frieden nach dem 1. Weltkrieg
Meine eigene Motivation / als Lehrkraft, als Bürger und Citoyen:
Alle Nachbarländer rings um die Schweiz sind in den 1. Weltkrieg verwickelt worden, sie selbst aber – im Status der Neutralität – blieb verschont. Aus der Bündnissituation der Beteiligten Mächte und dem Verlauf des Kriegs heraus ergab sich nach 1918 ein „Verlierer- oder Siegerstatus“. Die getroffenen Friedensregelungen waren zudem weichenstellend für die kommende Epoche. Hätte es stattdessen sinnvollere Alternativen, völkerrechtlich bindende und akzeptable Lösungen unter den Kriegsbeteiligten geben können? Dieser Frage kann in einer Simulation der Friedensverhandlungen nachgegangen werden.
Die Herausforderung für die Lernenden: Durch die Kenntnis der Machtverhältnisse am Vorabend des 1. Weltkriegs und durch das Wissen um die Veränderungen im Verlauf der „Ur-Katastrophe“ sind die Lernenden imstande, sich in die damalige Lage der beteiligten Mächte hinein zu versetzen- Es gilt für sie. die Argumente der Sieger bzw. der Verlierer darzustellen. Als Simulation wird im Schulzimmer ein Konferenztisch aufgestellt. Er wird zum Ort der Neuverhandlung, zum Sitzungssaal im Völkerbunds-Palast in Genf. Hier debattieren Sieger und Verlierer auf Augenhöhe – Aus der geschichtlichen Situation wird hier ein neuer Gestaltungsraum, ein „offener Prozess“ für alle Betroffenen geschaffen.
Brennpunkt der Fragestellung
- Wie präsentieren sich Machtgrundlagen und das Verhältnis der Grossmächte am Vorabend des 1. WKs ?
- Welche Veränderungen ergeben sich im Verlauf des Konflikts?
- Welche Kräfteverhältnisse ergeben sich im Falle einer Neuverhandlung aller beteiligten Mächte – mit Siegern und Verlierern an einem Tisch?
- Wie gestaltet sich eine Simulation der Konferenz durch alle Beteiligten im Völkerbunds-Palast in Genf?
Inhalte:
Eine Friedenskonferenz selbst führen -Statt die Verträge von Versailles» nachzuvollziehen», verhandeln die Lernenden selbst: Die Debatte wird mittels einer Rollensimulation von Ländervertretern durchgeführt. Veranstaltungsort ist die neutrale Schweiz. Das Palais Wilson in Genf wird ins eigene Schulhaus verlegt.
Zunächst gilt es, die Interessen und Machtkonstellationen der Grossmächte im Vorfeld des 1.Weltkriegs kennenzulernen, deren Verhalten im Verlauf des Krieges zu studieren und dann die Rollen durchzudenken und sich in der Debatte mittels geschickten Statements zu behaupten.
Die Zugänge für die Lernenden sind „Zeitlos“ und zugleich historisch klar eingebunden:eine gerechte Weltordnung ist schwierig – 1919 wie heute – eine solche durch Verhandlungen oder Verträge herstellen war und bleibt eine spannende Herausforderung. Die Weltordnung sah 1919 faktisch eine Einteilung in zwei Lager. Die Siegermächte diktieren den Verlierern an den Pariser Vorortsverträge einiges auf, was später eine Bürde für das Zusammenleben der Völker darstellt. Könnte diese historisch einmalige Situation – als „einmaliges Window of Opportunity“ so genutzt werden, dass ein „offeneres, partnerschaftliches Szenario“ als Ausgangslage entsteht. Dann wird Genf zum Hauptort des Völkerbund ein denkbarer Verhandlungsort für eine „Neuverhandlung“.
Herausforderung:
Die Recherche zum eigenen Staat ist anspruchsvoll. Sie müssen das gefundene Material auf seine Objektivität hin überprüfen. Zudem muss dies den Lernenden ermöglichen, für ihren Staat eine überprüfbare , glaubwürdige und überzeugende eigene Position zu vertreten.
Handlungsebene / So funktioniert’s:
Um den Lernenden die Vorbereitung auf das anspruchsvolle Szenario zu erleichtern, wird Ihnen schon vor der Unterrrichtsreihe zum 1. Weltkrieg eine Rolle als Vertreter eines am Krieg beteiligten Staates zugeordnet. Diese Perspektive auf den Konflikt ermöglicht es ihnen, das Vorfeld und den Verlauf des 1. Weltkriegs zuerst aktiv zu verfolgen und dann solchermassen vorbereitet eine glaubwürdige Rolle für den Verlauf der Friedensverhandlungen zu vertreten. Die Verantwortung, die spielerische und rhetorische Seite der Aufgabe , aber auch die realitätsnahe „Neuverhandlung“ des Szenarios machen den Lernenden Spass – sie sollten darauf aber in mehreren Schritten, zum Beispiel in bilateralen Kurz-Gesprächs-Szenen Deutschland gegen England vorbereitet werden. So wachsen sie zu Akteuren, zu Taktikern, zu Verhandlern heran. Dies beinhaltet eine historisch fundierte Schlüsselerfahrung für ihre politische Mündigkeit.
Beschreibung eines realisierten Projekts siehe hier:
https://ksreussbuehl.lu.ch/portrait/potenzial_gymnasium/dell/DeLL2017