1968

Robert Francis Kennedy, 1925 als siebtes Kind in eine arrivierte irisch-amerikanische Familie hineingeboren, ist einer der beiden «Namenspatrone» der Schule, welche meine Tochter besucht. Bobby ereilte im epochenmachenden Jahr 1968 dasselbe Schicksal wie sein älterer Bruder, John F. Kennedy (1917-1963). Nach einer Wahlveranstaltung in Los Angeles wurde Kennedy angeschossen und starb am 6. Juni 1968. Im April 1968 war bereits Martin Luther King ermordet worden. Die Proteste gegen den Vietnamkrieg zeigten tiefe Gräben in der amerikanischen Gesellschaft auf, die sich auch in den Vorwahlen für die amerikanische Präsidentschaft bemerkbar machten. Hippies und die Flower-Power-Bewegung liessen die konservativen Gesellschaftsmodelle wanken – nicht nur in den USA!

 

Eine weibliche Demonstrantin bietet einem Militärpolizisten während einer Demonstration in Arlington VA eine Blume an (21. Oktober 1967; Fotograf: Staff Sergeant Albert R. Simpson; Quelle: https://catalog.archives.gov/id/594360; 1. Oktober 2018)

 

Das war vor einem halben Jahrhundert. Die Generation meiner Eltern.

Vor gut zehn Tagen fühlte ich mich ein wenig in diese Zeit versetzt – mitten im Amerika des 21. Jahrhunderts. Jenseits der Glaspaläste, jenseits von Silicon Valley, jenseits von der Supermacht. Im Herter Park, nordwestlich von Cambridge war ein Singfest angesagt. So schwangen wir uns auf unsere Stahlesel und radelten dem Charles-River entlang, vorbei an Fabriken, Highways und der Harvard-University.

 

Der klassische Blick über den Charles-River nach Harvard (Fs)

 

Gut vierzig Minuten später machte sich Trommelgeräusch bemerkbar, viele Radfahrende strömten auf eine Art Insel am Ufer des Flusses. Es wurde viel gesungen: Spirituals («Down by the Riverside», «Joy to the World»), aber auch einiges von dem, was zum «traditionellen Liedgut» von «1968» gehört: «Turn, turn, turn» (Pete Seeger), «Yellow Submarine» (John Lennon / Paul McCartney), «Lay down your weary tune» (Bob Dylan). Daneben gab es Tanzdarbietungen («Pinewood Morris Men»), Instrumentalstücke und spanische Lieder. All dies mit einer Ideologie, die durchaus an die «1968-er» erinnert:

«By weaving personal connections between people, we build a shared sense of community. By connecting the common strands of diverse cultures, we build understanding. By celebrating the differences that make people and cultures unique and interesting, we help create a society that values harmony.» (Revels – gegründet übrigens 1971…)

Das Dekor und das äusserst gemischte Publikum liessen weitere Bilder aus «1968» aufsteigen – auch wenn man ab einem gewissen Alter lieber auf einem Bänkchen sitzt…

 

… der Park selbst ist übrigens das Resultat von Aufräumaktionen. Menschen («Chörnlipicker», «Hippies», «Ökis») beschlossen, den Fluss und den Park wieder für Menschen zur Erholung nutzbar zu machen. Dafür braucht es Anstrengungen. Jedes Jahr.

Auch das ist Amerika…

Gut vierzig Minuten nach «Sun and Moon» und Gänsgeschnatter aus der Dunkelheit des unbeleuchteten Radweges waren wir dann wieder in der «Zivilisation des 21. Jahrhunderts» angekommen. Aber vielleicht reicht es ja für die Wintersonnenwende oder eben Weihnachten. Dann allerdings «am Schärme»!

 

 

 

 

 

1968
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