Hey, heute ist es so weit. 🙂
Meine erste Kurzgeschichte zum Thema Horror ist jetzt da. Nun gut, ich muss zugeben, dass ich vielleicht ein wenig am Thema vorbeigeschlittert bin… ups *grins*. Und sooo kurz ist sie auch nicht geworden, aber ich will doch hoffen, dass sie sich trotzdem sehen lassen kann.
Die Idee zu dieser Geschichte ist mir (Achtung Spoiler xD) gekommen, als ich eines Abends mit dem Aufzug in den Keller gefahren bin und dabei ziemlich laut Musik gehört habe. Dabei habe ich aber nicht realisiert, dass der Lift ja länger fährt und hatte für einen klitzekleinen Moment das Gefühl, abzustürzen. Ich weiss, ist albern aber joa… so hatte ich dann mehr oder weniger die Idee dazu.
Also, ich würde mich freuen, wenn ihr, wenn ihr die Geschichte durchgelesen habt, in den Kommentaren gerne mal schreibt, wie ihr sie so fandet und was ich besser machen könnte. Und vor allem wäre es toll, wenn ihr sagen könntet, in welche Richtung die nächste Kurzgeschichte gehen soll, beziehungsweise in welchem Genre es spielen soll.
So, jetzt wünsche ich euch aber erst einmal viel Spass beim Lesen und gute Unterhaltung.
Bis in einer Woche, eure Robyn
Wie jeden Tag sass ich an meinem Schreibtisch vor mir einen Stapel Verträge, die ich noch durchsehen und auf Fehler untersuchen musste. Ich versuchte, den Anforderungen meines überaus ehrgeizigen und unfreundlichen Chefs gerecht zu werden. Einen Kaffee in der Hand haltend blätterte ich durch die Dokumente. Gott, wie ich diesen Job hasste. Den ganzen lieben langen Tag nichts anderes tun als da zu sitzen, Mails zu beantworten, herumzutelefonieren, die Verträge zu kopieren und durchzuschauen und meinem Vorgesetzten ab und zu einen Kaffee vorbeizubringen, dazu war ich einfach nicht gemacht. Es war, und ist immer noch, mein Traum, Schauspielerin zu werden. Ich war für die Bühne geboren, und das wusste ich auch. Stattdessen sass ich hier, eine von abertausenden Bürohockern, die der Abschaum der Gesellschaft waren. Der Teil, der in fünfzig Jahren von der Welt vergessen sein und nichts hinterlassen haben wird. Niemand würde sich an mich erinnern.
Seufzend stand ich auf, packte genervt einen der vielen Bausparverträgen und marschierte zum Kopierraum. Während ich gelangweilt am Drucker lehnte, tippte ich eine kurze Nachricht an meinen Chef. Ich würde ihm den neuen Vertrag gleich runter ins Büro bringen. Lustlos kopierte ich jede einzelne Seite. Himmel, dieses Leben war so trostlos, so monoton. Es war immer dasselbe. Noch bevor mein Kollege, der zu dieser Zeit auch immer kopieren kam, den Raum betrat, grüsste ich ihn knapp, griff nach der Kopie, warf das alte Dokument weg und ging zielstrebig davon. Zu meinem Glück war ich alleine im Fahrstuhl und musste mich nicht mit dem Smalltalk der anderen IT-Freaks herumschlagen. Ich fuhr das hohe Gebäude, in dem diese gottverlassene Firma untergebracht war, nach unten, währenddessen schaute ich auf die Uhr. Nur noch wenige Stunden und ich könnte endlich wieder nach Hause gehen. Nach Hause in meine kleine Wohnung und zu meiner Katze. Auch wenn ich erst achtundzwanzig war, glaubte ich weder an die wahre Liebe noch an ein erfülltes Leben mit einer eigenen Familie. Ich glaubte, dass mir das Pendant der verrückten Katzen Lady, mit einem Hauch von unzufriedener Kauffrau, perfekt entsprach. Plötzlich begann der Fahrstuhl zu ruckeln. Genervt verdrehte ich die Augen. Wir hatten hier aber wirklich auch nur Probleme mit der Technik. Die Lichter flackerten und die Wände der Kabine erzitterten. Jetzt doch ein wenig verängstigt hielt ich mich an der Wand fest. Dieses verfluchte Ding würde doch nicht abstürzen. Hastig drückte ich auf den Alarmknopf, nichts passierte. Ich griff zu meinem Handy und wählte den Notruf. Wieder nichts. Es war, als wäre ich gänzlich von der Aussenwelt abgeschnitten. Ein Knacken ertönte aus der Leitung. Vielleicht hörte mich doch jemand. Ein kleiner Hoffnungsschimmer flackerte in mir auf, der jedoch fast sofort wieder vernichtet wurde. Nur ein ohrenbetäubendes, kratzendes Rauschen war zu hören. Ein Ruck ging durch die Kabine. Ich wurde in die linke Ecke geschleudert und krachte zu Boden. Ein brennender Schmerz fuhr durch meine Rippen, ich presste meine Hand dagegen, doch die Schmerzen wurden nicht weniger. Mir kamen die Tränen, angestrengt versuchte ich, bei Bewusstsein zu bleiben und mich nicht der erlösenden Schwärze der Ohnmacht hinzugeben. Die Wände bebten, die Lichter flackerten und erloschen schliesslich ganz. Ich betete, dass ich hier heil rauskomme, doch auch das wurde nicht erfüllt. Mit einem letzten, bestimmten Ruck schienen die Liftseile zu reissen. Ich fiel. War das jetzt das Ende? Ich war noch nicht bereit zu sterben! Ich hatte noch nichts in meinem Leben erreicht. Verzweifelt schloss ich die Augen, wollte die Augen vor der Realität verschliessen, auch wenn das total sinnlos war, denn in der fallenden Kabine war es sowieso stockdunkel.
Hart schlug ich auf, zusammenzuckend presste ich mir die Hände auf meine Rippen. Ich keuchte, da musste was gebrochen sein. Stirnrunzelnd lauschte ich. Es war still, zu still. Das Rauschen war verstummt. Nichts als mein stockender Atem war zu hören. Wie konnte ich diesen Sturz überleben? Naja, im Moment war das auch nicht sonderlich wichtig. Ich versuchte, die Schiebetüre aufzubrechen, vergebens. Frustriert trat ich dagegen, bereute es jedoch sofort und versuchte mich, meinem Oberkörper zu liebe, so wenig wie möglich zu bewegen. Ein Luftzug strich meinen Nacken entlang, ein eisiger Schauer lief mir den Rücken herunter. Reflexartig fuhr ich herum und schrie auf. Meine Rippe fühlte sich wie eine brennende Eisenstange an und brannten förmlich ein Loch in meinen Brustkasten. Ich sank auf die Knie und versuchte vergeblich Schmerzenstränen zurückzuhalten. Ein leises, boshaftes Lachen drang an meine Ohren und liess mich vor Angst erzittern. Wurde ich jetzt auch noch paranoid? Erstarrt verharrte ich in meiner Position, wagte nicht auch nur zu atmen. Die kalte Luft erfasste mich wieder. Strich mir über meine Arme und Beine, fühlte sich an wie tausend Nadelstiche und liess mich angsterfüllt einen erstickten Schrei ausstossen. Ich wollte, dass es aufhörte. Ich war ohne Hilfe in einer engen Liftkabine gefangen, hatte höchstwahrscheinlich mehrere gebrochenen Rippen und schien bereits verrückt zu werden. Es könnte Stunden dauern, bis man mich finden würde. Entmutigt durch meine pessimistischen Gedanken schluchzte ich weiter. «Willkommen in der Hölle», dachte ich mir. Ich wusste nicht, wie lange ich so da sass und mich meiner Verzweiflung hingab, doch irgendwann erhob ich mich zitternd und straffte meine Schultern. Ich war Amanda Stone verdammt, ich würde nicht hier sitzen und mein Schicksal einfach so hinnehmen. Gerade wollte ich erneut die Türe eintreten, doch auf einmal schwang sie geschmeidig von allein auf. Erleichtert lugte ich nach draussen. Ein schier endloser, erdiger, dunkler, von kalten Neonlampen schwach erleuchteter Tunnel zog sich in die Weiten unter der Erde davon. Es fröstelte mich, die Dunkelheit war greifbar. Links und rechts zweigten hier und da einige Betontüren ab. Die ohrenbetäubende Stille verschwand, so als würde ich aus einer Taubheit auftauchen. Leise drang ein Wimmern Tausender von allen Seiten auf mich ein, wurde immer lauter und verwandelte sich in Schmerzensschreie. Panisch sah ich mich um, wollte mir meine Ohren zuhalten. Woher kamen diese Schreie? Ich war doch allein hier unten. In einem endlosen Gang, abgestürzt und verletzt. Die Kälte, die zuvor noch Besitz von mir ergriffen hatte, wich einer unerträglichen Hitze. Schweissperlen bildeten sich auf meiner Stirn. Ich musste hier weg. Doch zurück konnte ich nicht, der Fahrstuhl war kaputt. Mir blieb nichts anderes übrig, als in diesen unheimlichen Tunnel zu gehen und zu hoffen, dass sich hier irgendwo ein Ausgang befand. Leise setzte ich einen Fuss vor den anderen, versuchte, keinen Laut zu machen und nicht die geringste Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen. Je weiter ich ging, desto schwerer wurde die Luft. Desto schwerer war es, diese drückende Hitze einzuatmen. Und desto lauter und schmerzerfüllter wurden diese Schreie. Meine Sinne waren benebelt, ich sah kaum was, hörte nichts ausser diesen verdammten Schreien. Mein eigener Schmerz tötete alle anderen Empfindungen ab. Wieder dachte ich «Willkommen in der Hölle», doch dieses Mal zuckte ich dabei zusammen. Das waren nicht meine Gedanken! Eine leise und doch schneidende, kalte, ja bösartige Stimme flüsterte mir das zu, pflanzte das in meinen Kopf. Und sie spielte mit meinen Gefühlen. Ich merkte, wie ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, wie die aufkeimende Angst alles andere in mir niederstreckte. Wieder dieses boshafte Lachen! Es peitschte durch meinen Kopf, liess mich wahnsinnig werden. Nun presste ich doch meine Hände auf meine Ohren, versuchte, dieses… Ding abzuschütteln, auszusperren. Ich drehte mich um, wollte zurück zum Fahrstuhl hasten und mich dort verstecken. Doch da war keiner mehr. Das konnte doch nicht sein. Derselbe, beklemmende Gang erstreckte sich in die Richtung, aus der ich gekommen war. Ängstlich sah ich mich um, wollte fliehen. Doch wohin nur? Das Lachen in meinem Kopf wurde lauter und ich schrie. Teils aus Verzweiflung und teils aus Angst. Ich riss die erstbeste Tür auf und stürmte in den Raum, wollte flüchten. Das war ein Fehler gewesen, denn was ich da sah, würde ich nie wieder vergessen können. Ein Mann sass mir gegenüber. Er war wahrscheinlich um die vierzig. Sein dunkles Haar hing ihm zerzaust und fettig über die Schultern, seine Haut war blass und eingefallen und an einigen Stellen aufgeplatzt. Seine Augen wirkten glasig und waren von dunklen Ringen umgeben. Sein Blick war in die weite Ferne gerichtet, er schien mich nicht wahrzunehmen. Auf seinen Lippen lag ein wahnsinniges Lächeln, in seiner rechten Hand lag ein Messer, mit welchem er seelenruhig über seinen Oberschenkel fuhr und tiefe Schnitte hinterliess. Ich stolperte rückwärts hinaus und fiel auf meinen Hintern. Wieso…? Das war das Einzige, was mir durch den Kopf ging. Noch immer sah ich diesen verrückten Mann vor mir, war unfähig, die Türe zu schliessen. Ein Rascheln neben mir brach mich dazu, den Blick von diesem schaurigen Schauspiel abzuwenden. Ich schaute nach rechts, zuckte zusammen und rutschte weg. Ein Etwas stand vor mir. Es war bloss Haut und Knochen, in dunkle Gewänder gewickelt. Seine langen Klauen streckten sich nach mir aus, in seinen leeren Augenhöhlen loderten schwarze Flammen, die alles und jeden zu verschlingen schienen. Ich versuchte, seinem Griff auszuweichen, es verzog seinen Mund zu einem boshaften Grinsen. «Aber nicht doch, ich tu dir doch nichts.» Ich glaubte dem Ding kein Wort. Trotz meiner zitternden Stimme klang meine Antwort sicherer, als ich mich fühlte. «Was ist das hier?» Es lachte, es brauchte mir nicht zu antworten, ich wusste es längst. Ein Teil meines Gehirns hatte es bereits erfasst und spuckte immer wieder das Wort Hölle aus. Das Wesen schien meine Gedanken zu lesen und grinste. «Wie recht du hast.» Sein Blick glitt zu der offenen Türe und es betrachtete den Mann zufrieden lächelnd. «Du fragst dich bestimmt, weshalb du hier bist», schien es meine Gedanken zu erraten. «Das kann ich dir sagen. Du bist nicht besser als der ganze Rest, der hier unten schmort.» «Ich habe niemandem was getan», erwiderte ich zitternd. Es lachte, ein Schaudern durchfuhr mich. «Der da», er nickte in Richtung des Mannes. «Er hat seine Geschäftspartner über den Tisch gezogen und ihnen den letzten Pfennig geraubt. Er hat sie bluten lassen und nun lass ich ihn bluten.» Es grinste diabolisch. Was hatte das mit mir zu tun? Es richtete seinen Blick auf mich und sagte tadelnd «Du bist auch kein guter Mensch gewesen.» Warte, hatte es gerade gewesen gesagt? «Ja Liebes, du bist tot.» Ich zuckte zurück, ich fühlte mich nicht tot, ich konnte nicht tot sein. Es lachte wieder, packte mich blitzschnell am Arm und zog mich hoch. Der brennende Schmerz durchzuckte meine Rippen und ich wimmerte leise auf. Es schaute mir direkt in die Augen, fixierte mich mit seinem Blick. Ich konnte mich nicht bewegen, mich nicht befreien, selbst wenn ich es gewollte hätte. Verärgert sagte es mit bedrohlich zischender Stimme: «Du glaubst, du seist was Besseres. Du glaubst, du verdienst was Besseres. Du glaubst, die Menschen in deinem Umfeld hätten dich nicht verdient. Du meine Liebe, du bist vom Hochmut nur so besessen. Du urteilst vorschnell, du rümpfst die Nase und denkst dir Abschaum, wenn du an deinen Kollegen, an anderen, nichts bedeutenden Menschen vorbeigehst. Doch weisst du was, du bist genauso nichts bedeutend. Niemand wird sich an dich erinnern, niemand wird dich vermissen. Du bist bloss die unbedeutende Sekretärin, die bei einem Unfall ums Leben gekommen ist.» Ich schluchzte. Ich war nicht unbedeutend, ich war zu mehr geboren, als so zu sterben. Das Ding schien noch wütender zu sein, es zischte: «Siehst du, du bist es immer noch, nicht mal jetzt siehst du ein, wie falsch du doch liegst. Du wirst dafür büssen. Du wirst für deinen Übermut büssen.» Es zerrte mich mit sich. Die tausenden Schreie nahm ich kaum noch wahr, alles in mir schien wie betäubt. Das hier war mein Schicksaal? Ich begann, es hinzunehmen, es zu akzeptieren. Nein, das waren nicht meine Gefühle! Niemals wäre es mir egal, ich gehörte nicht hier her. Ich hatte Besseres verdient, ich sollte ins Paradies kommen. Ich wurde von diesem Ding in ein Zimmer geworfen. «Vom heutigen Tag an bis in alle Ewigkeit wirst du unterste Arbeit verrichten. Und es wird dir egal sein. Mehr noch, du wirst glauben, dass du genau das verdient hast. Niemand wird sich an dich erinnern können, niemand wird dich jemals bemerken.» Ich wollte nein schreien, ich wollte wichtig sein. Ich würde auch hier helfen und eine Führungsposition beanspruchen, wenn ich dadurch im Rampenlicht stand. Und schon gar nicht wollte ich, dass ich glaubte, nichts Besseres verdient zu haben. Doch ich konnte nichts dagegen tun. Eine schwere Gleichgültigkeit, eine Hoffnungslosigkeit, überrollte mich und zwang mich in die Knie. Ich kroch an in die Ecke und kauerte mich zusammen. Ich wartete, wartete darauf, dass mir irgendwer irgendwas befahl. Nur so hätte meine Existenz einen Sinn, nur so wäre ich von Nutzen. Denn ich war unwichtig. Und ich würde auf ewig unwichtig bleiben.