Julian Seeholzer
Ehemaliger Schüler der Klasse L18c
Als ich damals das Thema meiner Maturaarbeit aussuchen musste, hatte ich zwar zahlreiche Themen im Kopf, aber keines davon erschien mir wirklich überzeugend oder geeignet. Das Einzige, was klar war: Ich wollte eine theoretische Arbeit im Bereich der Mathematik oder Physik verfassen. Nach einigen Gesprächen schlug mein damaliger Betreuer Jörg Donth das Brachistochronenproblem als mögliches Untersuchungsgebiet vor.
Das Brachistochronenproblem ist eine Aufgabe, die der Schweizer Mathematiker Johann Bernoulli bereits 1696 an die Wissenschaftsgemeinde gestellt hatte. Die Aufgabe besteht darin, die Form der Kurve zu finden, auf welcher eine Punktmasse unter der Wirkung der Gravitation am schnellsten von einem oberen zu einem unteren Punkt gleitet. Da das Problem in dieser Form jedoch schon im selben Jahr von Bernoulli sowie anderen Mathematikern gelöst wurde, untersuchte ich in meiner Arbeit, wie sich die Kurvenform ändert, wenn man Rotationsbewegungen und Reibungskräfte miteinbezieht. Das Ergebnis: Unter der Wirkung einer Reibungskraft ändert sich die Form, die Rotation der Masse hat jedoch keinen Einfluss auf die Form der Lösungskurve.
Der Weg zur Antwort führte erst über eine theoretische Behandlung des angepassten Problems im Rahmen mathematischer Methoden der Variationsrechnung, einem Teilgebiet der Mathematik, dessen Ursprünge in der Lösung des Brachistochronenproblems liegen. Um die theoretischen Resultate auch empirisch bestätigen zu können, entwickelte ich zudem ein Experiment.
Die Arbeit war zwar als Maturaarbeit zu diesem Zeitpunkt fertiggestellt, jedoch begleitete sie mich noch ein ganzes Jahr nach der Matura. Während meiner Zeit an der KSR konnte ich am Wettbewerb „Fokus Maturaarbeit“ teilnehmen, wo ich im Bereich Physik/Mathematik/Informatik den ersten Preis gewann und an den Nationalwettbewerb von „Schweizer Jugend forscht“ (SJF) eingeladen wurde. Dort hatte ich im Finale das Glück, eine Auszeichnung im Bereich Physik und Mathematik zu erhalten und den Sonderpreis EUCYS (European Union Contest for Young Scientists) zu gewinnen, welcher es mir ermöglichte, an einem internationalen Wettbewerb für Jungforschende teilzunehmen. In Brüssel konnte ich eine Woche lang zusammen mit Jugendlichen aus der ganzen Welt meine Arbeit der Öffentlichkeit präsentieren und hatte nochmals die Ehre, einen Sonderpreis zu gewinnen.
Beim Vorbereiten und Umschreiben der Arbeiten für die Wettbewerbe lernte ich sehr viel dazu, und somit war die Maturaarbeit für mich schlussendlich nicht nur eine Maturaarbeit. Ich durfte nach der Abgabe noch einiges dazulernen und wichtige Erfahrungen fürs Leben sammeln.