Tarja Maienfisch
Schülerin der Klasse L21c
Die Schwerpunktfach-Studienwoche – von einigen gefürchtet, von anderen schon hoffnungsvoll erwartet.
Beim Schwerpunktfach Physik und Mathematik (SPM) sah dies nicht anders aus. Aber zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte dieses Schwerpunktfachs an der KSR ging die SPM-Klasse auf eine mehrtägige Klassenfahrt. Wenn das nicht einen Artikel wert ist!
Wir begannen die Woche mit zwei Tagen vor Ort an der Kantonsschule, in denen wir uns in-tensiv mit dem Kegelschnitt befassten. Wir bauten Modelle von Kegeln aus Fimo und sollten sie dann auf verschiedenste Weise auseinanderschneiden, um zu untersuchen, was für Formen dabei entstanden. Nach dieser plastischen Arbeit ging es an die Mathematik dahinter, an die Erarbeitung der allgemeinen Kegelschnittgleichung, damit wir uns an die Doppelkegeln und damit die Dandelischen Kugeln wagen konnten. Danach ging es für uns ab nach draussen auf den Schulhof, wo wir, gestärkt mit einem Eis, mit Kreide die verschiedenen Kegelschnitte zur Repetition und Festigung auf den Boden zeichneten – unter anderem Ellipsen, Parabeln und Hyperbeln im mathematischen Sinn.
Nach diesen lehrreichen Tagen machten wir uns auf den Weg nach Deutschland. Um 8:10 Uhr trafen wir uns am Bahnhof Luzern und dann ging unsere Reise auch schon los. Rund vier Stunden mit dem ÖV waren wir unterwegs auf unserer Reise zur Jugendherberge in Heidelberg. Von da zogen wir auf nach Schloss Heidelberg, zuerst mit dem Bus und dann den steilen Pfad an der grossen Schlossmauer hoch, wo wir vieles über die früheren Kurfürsten und von der spannenden Geschichte des Aufbaus dieses Schlosses erfuhren. Jeder neue Fürst verwirklichte seine Lebensidee in einer Erweiterung des Bauwerks. Unzählige Male wurde die Konfession gewechselt, was zu den unterschiedlich geprägten Symbolen führte. Nach dieser Besichtigung gingen wir gemeinsam etwas zu Abend essen.
Nach der Stärkung ging es ab zur Landessternwarte. Wir wurden zuerst über den Planetenweg geführt. Zwei Physiker erzählten uns vieles zu jedem Planeten und seiner spezifischen Beschaffenheit: zum Beispiel zum Mars, welcher rot erscheint aufgrund des Rosts im Marsgestein; zum Uranus, dessen Rotationsachse um über 90° geneigt ist,weswegen er auf seiner Umlaufbahn «rollt». Am Ende des Planetenwegs angekommen, standen wir inmitten von verschiedenen grossen Kuppen mit Teleskopen drin. Leider waren nicht mehr alle funktionstüchtig, aber es gab auch welche, die noch vollumfänglich in Betrieb waren. Zuerst wäre gedacht gewesen, dass wir unsere eigenen Beobachtungen anstellen können, jedoch liess es das Wetter nicht zu. Die Wolken verdeckten die Sicht. Das kurz vor 1900 erbaute Bruce-Teleskop (zu sehen auf dem Foto) war auch ohne direkte Verwendung eindrücklich zu begutachten. Es ist ein sogenanntes Doppelteleskop, welches Verwendung in der Astrofotografie findet. Mit seinen beiden 40 cm-Öffnungen war dieses Teleskop um die Jahrhundertwende einer der lichtstärksten Doppelastrografen weltweit.
Aufgrund des schlechten Wetters verlagerten wir die Himmelsbeobachtung ins Planetarium, wo uns genauer von den Himmelskörpern und unserem expandierenden Universum berichtet wurde. Nach diesem langen Tag hiess es dann auch für uns, ab ins Bett.
Am Donnerstag besuchten wir die Experimenta in Heilbronn. Die Experimenta ist Deutschlands grösstes Wissenschaftszentrum. Sie wurde mit dem Auftrag, die Wissenschaft an die Öffentlichkeit zu bringen, errichtet. Man konnte über mehrere Stockwerke Experimente durchführen und Wissenschaft auf eigene Faust entdecken. Das Motto dieser Institution lautet: «Du bist Wissenschaft. Du schaffst Wissen.» Und genau das machten wir.
Wie ein Magnet wirkte der Ausstellungsteil mit dem Wasserbecken auf uns. Nun fragt man sich natürlich: «Was macht eine Gruppe Jugendlicher, wenn sie ein mehrteiliges Wasserbecken sieht, welches mit einer Art Wasserfall verbunden ist?». Genau, einen Staudamm bauen. Wir waren, wie es sich herausstellte, sehr gekonnte Baumeister/innen. Dies konnte man sehr gut daran erkennen, dass wir das Becken fast überfluteten. Nebst dieser Entwicklung unserer Bauingenieur-Fähigkeiten durften wir im Science-Lab Fahrzeug-Roboter programmieren, Papier-Flugzeugmechanik studieren, eigene Fähigkeiten (Rhythmus, Kraft, Präzision, etc.) unter Beweis stellen und vieles mehr.
Zum krönenden Abschluss gingen wir am Freitag in die Kernphysikabteilung des Max-Planck-Instituts und besichtigten die Forschungseinrichtungen. Es begann mit einem Vortrag über das Grundkonzept des Instituts und dessen Nutzen. Danach wurden gewisse Themen beim Rundgang vertieft. Obwohl wir nicht den ganzen Fachwortschatz im Detail verstanden, war es dennoch sehr informativ und spannend. Besonders beeindruckend war der kryogene Speicherring, welcher für Kollisionsexperimente verwendet wird. Von aussen sieht man die Anlage normalerweise nur durch Bilder, welche an den Aussenwänden der Apparatur befestigt waren. Wir hatten jedoch Glück und es wurden zum Zeitpunkt unseres Besuches Wartungsarbeiten verrichtet, was uns den sensationellen Einblick in den Aufbau des Rings ermöglichte. Aufgrund der speziellen Bauart werden nicht nur Kollisionen von zwei Teilchen, welche aufeinander zufliegen, vermessen, sondern auch Kollisionen mit einer sehr niedrigen Relativgeschwindigkeit der beiden Teilchen hervorgerufen. Auf diese Weise kann das Universum in seinen jungen, kalten Jahren studiert werden.
In andere Experimente, wie die Ionenfalle, konnten wir selbstverständlich nicht reinsehen. Dennoch war es sehr spannend zu erfahren, wie geladene Teilchen in elektrischen Feldern gefangen werden können. Ein weiteres Forschungsprojekt, welches uns vorgestellt wurde, war zur Aufdeckung dunkler Materie. Dieses Projekt läuft seit Jahren tief unterhalb der Erdoberfläche in Italien. Der Beweis der Existenz sogenannter WIMPs, vermutete Teilchen dunkler Materie im Universum, ist bisher noch nicht gelungen. Wir bleiben gespannt, was die Zukunft bringt.
Nach diesen Besichtigungen und Inputs war sogar noch etwas Zeit übrig, die wir nutzten, in einen weiteren Teil des Instituts reinzuschauen: der nichtthermischen Astrophysik. Dabei wur-den uns auf Grossleinwänden Fotos des Tscherenkow-Teleskops in Namibia gezeigt. Mit die-sem werden Gammastrahlungen (hochenergetische Strahlung) gemessen, die von hochener-getischen Teilchen ausgestrahlt werden, welche sich innerhalb oder ausserhalb unserer Ga-laxie befinden. Dabei werden die Quellen und auch die Beschleunigungsprozesse dieser Teil-chen untersucht.
Mit diesem Einblick in das Max-Planck-Institut ging die Woche leider schon zu Ende und wir mussten uns wieder auf den Heimweg begeben. Das Fazit: Es lohnt sich definitiv, die Schwer-punktfach-Studienwoche hoffnungsvoll zu erwarten!