«Liebe Maturandinnen und Maturanden,

Nach vielen langen Jahren des Lernens, der Prüfungen und schlaflosen Nächte ist der Tag, auf den wir alle gewartet haben, nun endlich gekommen. Der Countdown, den einige beharrlich heruntergezählt haben, ist heute Abend zu Ende gegangen. Aber lasst uns die Zeit nochmals zurückdrehen und von vorne beginnen. Erinnert ihr euch noch an unsere ersten Tage hier, als wir noch viele Jahre vor uns hatten?
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich anfangs als kleine Erstklässlerin dachte, ich würde nun an eine Schule voller Streber kommen. Aber es kam ganz anders. Denn ich kam an eine Schule voller toller Menschen, die alles andere als langweilig waren. Mit den Jahren veränderten wir uns. Wir blicken auf die heutigen Erstklässlerinnen und Erstklässler und bezweifeln ernsthaft, ob auch wir mal so klein und frech waren.
Doch was hat uns in dieser Zeit geprägt? Waren es die Stunden, die wir in der Hauswirtschaftsküche verbrachten, in denen wir die Muffins verkohlten und fast die Küche in Brand setzten? Oder waren es unsere Auftritte bei «Tanz am Mittag», als wir genau auf dieser Bühne unsere Choreografie als Michael Jackson oder The Ghost Busters zum Besten gaben? Die Zeit, als wir vor drei Jahren aufgrund eines Virus plötzlich nicht mehr in die Schule mussten und im Fernunterricht entdeckten, dass die Technikkenntnisse einiger Lehrpersonen geradezu mittelalterlich waren? Als die Schülerinnen und Schüler ihre Lehrpersonen auf «Teams» stumm schalteten? Als wir merkten, dass der Deutschunterricht auf einmal sehr entspannt war, so auf dem Sofa? Und dass man statt in einem Klassenlager nun in einem Feld hockte und im Kampf gegen die schädlichen Pflanzen Neophyten ausriss? Oder war es der letzte grosse Meilenstein, die Maturaprüfungen?
Zusammen sind wir einen Weg gegangen. Manchmal war er lustig, manchmal todlangweilig, manchmal stressig, manchmal inspirierend. Und manchmal hätten wir unsere Bücher am liebsten an die Wand geschmissen (einige haben es bestimmt auch getan). Während der Schulzeit wurde ich oft gewarnt: «Die nächste Klassenstufe wird dann schwerer, ganz zu schweigen von den Maturaprüfungen!» Doch rückblickend haben wir es trotzdem immer irgendwie geschafft – und, meine lieben Maturandinnen und Maturanden, das wird auch weiterhin so sein. Ich bin überzeugt, dass wir auch die neuen Pfade meistern können – ich meine, wenn wir diese Mathe-Maturaprüfung überstanden haben, schaffen wir alles!
Ich danke euch, liebe Mitschülerinnen und Mitschüler, für diese erlebnisreiche Zeit. Und ich danke unseren Lehrpersonen, die uns während unserer Schulzeit auf vielfältigste Weise generv…, äh unterstützt und begleitet haben. Speziell danke ich denjenigen, bei denen jede zweite Lektion nicht von einer Comedy-Show zu unterscheiden war. Sowie auch denjenigen, die viel lieber über ihr eigenes Leben erzählten, als mit uns den aktuellen Schulstoff zu besprechen. Auch haben sie uns in ihren zahlreichen Lektionen geholfen, unsere Interessen zu finden und lieferten gleichzeitig eine wichtige Studienberatung. Wir wussten schnell, was wir sicher nie studieren möchten. Und welches Wissen wir nach der Matura aus unseren Köpfen verbannen werden, um uns endgültig vom Fluch der KSR zu befreien, welcher uns seit Jahren verfolgt.
Der Countdown ist also heruntergezählt. Die Matura ist aber nicht der Endpunkt, nicht das Ziel. Sie ist der Start, der Take-off-Point für unseren weiteren Weg. So beziehe ich mich noch ein letztes Mal auf Goethe, der einmal sagte: «Man reist nicht, um anzukommen, sondern um zu reisen.» Also lasst uns mutig reisen mit dem Blick nach vorn zu neuen Abenteuern. Vielleicht werden wir uns manchmal verlieren, den Kompass und die Karte falsch lesen, aber so schlimm ist das nicht. Schliesslich erhöhen Umwege die Ortskenntnis, sei dies auf dem Atlantischen Ozean oder im echten Leben. So wünsche ich uns allen für unsere weitere Lebensreise viel Glück, Vertrauen und den Glauben an uns selbst!»