Simone Von der Geest
Lehrperson für Deutsch und Geschichte

«Wir sind auf einem Highway in die Klimahölle und haben den Fuss auf dem Gaspedal.» Mit diesen drastischen Worten hat António Guterres, Generalsekretär der Vereinten Nationen, die Weltklimakonferenz COP27 in Ägypten im Dezember 2022 eröffnet.
In der Schweiz scheinen wir weit weg zu sein von dieser Klimahölle, von der Guterres spricht. Oder doch nicht? Im Tessin hat es in den letzten Monaten so wenig geschneit und geregnet wie noch nie, die Bevölkerung wird schon jetzt, vor den heissen Sommermonaten, dazu aufgerufen, Wasser zu sparen. Für die letzte Aprilwoche dieses Jahres wurden für Südspanien bereits neue Hitzerekorde angekündigt: Bis zu 40 Grad Celsius Ende April! Vielleicht ist die Klimahölle doch gar nicht mehr so weit entfernt von der Schweiz?
Angesichts dieser Entwicklungen auf der Welt war es uns – also der Klima AG (Lehrpersonen) und dem Klimaforum (Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Reussbühl) – wichtig, das Klima während einer Woche im März 2023 für die ganze Schule zu thematisieren: Vom 20. bis zum 24. März gab es ein buntes Angebot an Vorträgen, Workshops und Events rund um das Thema Klima.
Zu den Höhepunkten der Woche gehörten sicherlich die Fachvorträge des Glaziologen Dr. Matthias Huss und des Klimaexperten des Kantons Luzern, Jürgen Ragaller. Der erfahrene Glaziologe Matthias Huss, Leiter von GLAMOS (Glacier Monitoring in Switzerland) erläuterte die Auswirkungen des Klimawandels auf die Schweizer Gletscher. Matthias Huss zeigte, wie mit Hilfe eines ausgedehnten Messnetzes in den Schweizer Alpen Gletscherveränderungen erforscht werden, die wiederum Klimaschwankungen indizieren.
Jürgen Ragaller gewährte spannende Einblicke in die Klima- und Energiestrategie des Kantons Luzern. Er zeigte auf, zu welchen Strategien der Kanton Luzern greift, um die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens (2015) umzusetzen.
Darüber hinaus gab es während der ganzen Woche Workshops für alle Klassenstufen: Die Erstklässlerinnen und Erstklässler wurden im Rahmen der myclimate-Workshops zu Energie- und Klimapionierinnen und Klimapionieren ausgebildet: Mithilfe von Modellen wurde unter anderem der Treibhauseffekt anschaulich vermittelt. Generationenübergreifend erzählten die Klima-Grosseltern den Schülerinnen und Schülern spannende Geschichten aus ihrer eigenen Jugend und zeigten so lebendig auf, wie sehr sich die Welt in den letzten fünfzig Jahren verändert hat.
Veränderte Lebensbedingungen sind auch das Thema der Living Library, ein Angebot des SCI Schweiz (Service Civil International): Sie ermöglichten den Schülerinnen und Schülern einen Austausch mit Flüchtlingen, die ihre Geschichten erzählen. Nicht selten spielen in diesen Geschichten auch Klimaveränderungen eine entscheidende Rolle. Das Projekt Living Library ermöglichte es den Schülerinnen und Schülern, unmittelbar in andere Lebenswelten einzutauchen.
In dem Workshop Shape your trip, ebenfalls von myclimate angeboten, konnten die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe sich mit klimafreundlichen Reiseplanungen befassen. Mit Hilfe des Shape your trip-Reiserechners lassen sich die ökologischen Auswirkungen einer Reise konkret berechnen. Zudem bot der Workshop Jobs for Future die Möglichkeit, sich mit der Arbeitswelt der Zukunft auseinandersetzen: Das Arbeitsleben wird hier durch die Nachhaltigkeitsbrille betrachtet. Es wird aufgezeigt, dass nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Politikerinnen und Politiker eine wichtige Rolle für die nachhaltige Entwicklung spielen, sondern jeder Einzelne und jede Einzelne kann in sehr unterschiedlichen Arbeitsbereichen einen relevanten Beitrag dazu leisten.
Ein grosses Thema während der Woche war klimafreundliches und nachhaltiges Essen. Der Workshop Clever einkaufen schärfte das Bewusstsein für die Nachhaltigkeit von Nahrungsmittel. Bio-Banane oder Luzerner Apfel? Sojamilch oder Wiesenmilch? Nicht immer ist auf den ersten Blick ersichtlich, welche Nahrungsmittel nachhaltiger sind. Unter dem Motto Wie isst die Welt? haben die zweiten Klassen ein Überraschungsmenu serviert bekommen, um zu erfahren, wie unterschiedlich eine vollwertige Mahlzeit sein kann, von einer Tasse Reis bis hin zu einem Dreigangmenu. Am Mittwoch und am Freitag verwöhnte das Klimaforum unter dem Motto Klimafreundlich Kochen Interessierte der Schulgemeinschaft mit feinen vegetarischen und veganen Menus und zeigte, wie gut man auf tierische Produkte verzichten kann. Am Dienstag fand der Orientalische Bazar im Lichthof statt: Verköstigt wurden hier Interessierte mit Köstlichkeiten aus 16 unterschiedlichen Nationen. Parallel dazu wurden im Lichthof ein kleiner Flohmarkt aufgebaut und eine Ecke mit Brett- und Onlinespielen zum Thema Klima und Klimawandel.
Zum Abschluss der Woche wurde in der Aula ein ganz besonderes Kino eingerichtet, nämlich ein Velokino: Mit Hilfe von Velos wurde der Strom erstrampelt, der für grosses Kino notwendig ist. Im Zehn-Minuten-Takt wechselten sich Schülerinnen und Schüler ab und radelten für bewegte Bilder.
Wir hoffen, dass wir mit der Woche das Bewusstsein unserer Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonen für klimarelevante Themen sensibilisiert und gestärkt haben, so dass sich einige mehr dafür einsetzen, dass die Fahrt auf dem Highway in die Klimahölle verlangsamt wird.